Komposition (Grammatik)

Komposition (Grammatik)Dieser Artikel befasst sich mit dem Begriff Komposition in der Grammatik. Die Komposition ist ein Mittel der Wortbildung. Im Gegensatz zur Derivation werden dabei lexikalische Morpheme (oder Morphemfolgen mit einem lexikalischen Morphem als Kern), die auch frei vorkommen können, zu einem neuen Wort kombiniert. Ein solches Wort nennt man Kompositum oder zusammengesetztes Wort. Die Ausgangsbestandteile werden mit einem Bindestrich oder durch Zusammenschreibung miteinander verbunden, bei mehreren Elementen, die mit Bindestrich verbunden werden, wird durchgekoppelt. Es ist ein Axiom, dass Wörter im Deutschen kein Leerzeichen enthalten können.

Inhaltsverzeichnis

1 Überblick

2 Kompositionstypen

-2.1 Determinativkomposita
-2.2 Possessivkomposita
-2.3 Kopulativkomposita

3 Semantische Muster

4 Literatur


Überblick

Beispiele:

-nur zwei lexikalische Morpheme: das Dampfschiff aus der Dampf und das Schiff

-zwei komplexe Wörter, beide durch Derivation gebildet, mit Fugen-S: die Unabhängigkeitserklärung, aus die Unabhängigkeit und die Erklärung

-Mehrfachzusammensetzung: Baustellenschild (erster Teil zusammengesetzt)

Es können alle Wortarten kombiniert werden. Das Grundwort bestimmt die Wortart und bei Nomen das Genus.

Zwischen den beiden Teilen können Fugenelemente auftreten. Für Deutsch sind das hauptsächlich -(e)s-, -e-, -(e)n- und -er- wie in Liebeslied, nötigenfalls, Wartezimmer und gewissermaßen. Die Fugenelemente entstanden ursprünglich aus Flexionsendungen und wurden aber später in Analogie dazu gebildet. Vollständige Regeln für ihr Auftreten gibt es nicht. Einige Suffixe verlangen jedoch immer ein Fugen-s, so zum Beispiel -keit, -heit, -schaft, -ung, -ut, -ion, -tät, -tum etc.

Wenn Zahlen mit Einheiten kombiniert werden, fällt der Zwischenraum weg: 500g-Glas.


Kompositionstypen

Determinativkomposita

Determinativkomposita entstehen wie Hochhaus, Speiseöl nach dem Prinzip der Univerbierung oder Informationsverdichtung. Das bedeutet, ein Syntagma wird im Sinne der Sprachökonomie in einem Wort ausgedrückt. Das so entstehende Determinativkompositum besteht aus Determinans (1. Glied) und Determinativum (2. Glied) und ist eine endozentrische Konstruktion.

Das Determinativum, auch modifier oder Bestimmungswort genannt, schränkt also das Determinans, auch head oder Grundwort (bzw. Basiswort) ein, determiniert dies. Das Basiswort legt aber weiterhin Wortart und Flexionsklasse (Kasus, Genus, Numerus) fest.

Schon als Übergang zu den Simplizia betrachtet man Wörter wie Junggeselle oder jene mit unikalem Morphem im ersten Glied, wie Himbeere, Schornstein, bei denen die formale Analyse nach Determinatum und Determinans keinen Sinn mehr macht (vgl. Naumann, 43).


Possessivkomposita

Lediglich als Sonderform der Determinativkomposita werden oft die so genannten Possessivkomposita oder Bahuvrihi betrachtet, die Bildungen pars pro toto (im zweiten Glied) darstellen: Großmaul, Dickwanst, Rotkehlchen etc.

Alle diese Bildungen lassen sich mit einem haben-Syntagmen paraphrasieren (»Jemand, der ein großes Maul hat«). Mit zeitlicher Entfernung kann die Empfindung der einzelnen Komponenten dann aber verloren gehen, die Paraphrasierung sinnlos werden: Bei Grünschnabel oder Rotkehlchen, Löwenzahn etc. ist die Idiomatisierung bereits so stark fortgeschritten, dass sie als Simplizia empfunden werden können.

Noch einmal hiervon abzusondern sind Bildungen wie Dickhäuter, Tausendfüßler, Linkshänder etc. die noch ein derivatives -er aufweisen.


Kopulativkomposita

Kopulativkomposita sind exozentrische Kompositionen, bei denen (theoretisch) die Glieder ohne Sinnverlust vertauscht werden können, wie süßsauer, naßkalt, gelbrot, Hosenrock, aber auch mit Bindestrich: Castrop-Rauxel, Elsaß-Lothringen, Nordrhein-Westfalen und Zahladjektive wie einundzwanzig, Fahnenfarben wie schwarzrotgold, die aber in der Reihenfolge konventionalisiert sind. Weniger eindeutig sind Bildungen, wie graublau, bei denen das 1. Glied grau- das 2. Glied -blau zu determinieren scheint.

Zusammenrückungen, auch Amalgamierungen genannt, also Wörter wie Taugenichts, Nimmersatt, Vergissmeinnicht, fußbreit, fortan sind in der Forschung in ihrer Zuordnung umstritten. Nach Bussmann, 360, beispielsweise wären sie keine Komposition, da das 2. Glied nicht Wortart und Flexionsklasse bestimmt.


Semantische Muster

-Substanz-Nomina: (B besteht aus A) aus BS + BS:
Lackschicht = »Schicht aus Lack«

-affizierende Nomina: (A bewirkt B oder: B wird durch A bewirkt) aus BV + BS:
Lachfalten = »Falten, die durch Lachen bewirkt wurden«, Eisglätte = »Glätte, die durch [eine] Eis[schicht] bewirkt wird«

-effizierende Nomina: bzw. Nomina resultativa (B bewirkt A) aus BV + BS:
Niespulver = »Pulver, das Niesen bewirkt«, Prosaschriftsteller = »Schriftsteller, der Prosa schreibt«, Diätkoch = »Koch, der Diät kocht«, Märchenonkel = »Onkel, der Märchen erzählt«

-Nomina agentes: (A tut B) aus BV + BS:
Lebewesen = »Wesen, das lebt«

-Nomina patientes: (B ist Ziel von A) aus BV + BS:
Wickelkind = »Kind, das man wickelt«

-Nomina instrumentales: (A tut etwas mit B) aus BV + BS:
Rasierapparat = »Apparat, mit dem man rasiert« oder BS + BS: Schiffsreise = »Reise mit dem Schiff«

-Nomina loci: (B geschieht in A) aus BV + BS:
Backstube = »Stube, in der gebacken wird« und BS + BS: Österreichreise = »Reise in/nach Österreich« und

Nomina directionales (B geschieht nach A oder in Richtung A):
Anflugrichtung = »Richtung, in die man anfliegt« und

Nomina temporis (A finden an B statt / A dauert B) aus BV + BS:
Waschtag = »Tag, an dem man wäscht« und BS + BS Osterreise = »Reise zu Ostern«

-Nomina finales: (B zum Zwecke von A) aus BS + BS:
Vergnügungsreise = »Reise zum [Zwecke des] Vergnügen[s]«

-Nomina causales: (B wegen A oder: B um A willen) aus BS + BS:
Geschäftsreise = »Reise um des Geschäftes willen«

-Nomina conditionales: (A gibt den Anlass für B an):
Hochzeitsreise = »Reise anlässlich der Hochzeit«

-Nomina modales: (A gibt das wie für B an):
Gesellschaftsreise = »Reise in [der Art und Weise der] Gesellschaft«


Literatur

Bussmann, Hadumod. Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart 2002 (3. Auflage)

# Affixoide Wortbildungen # Sie stehen funktional zwischen Kompositum und Derivation. Affixoide sind reihenbildende Kompositionsglieder.Während "Pressefreiheit" (Freiheit für die Presse) ein übliches Kompositum ist, ist "Schadstofffreiheit" (das Freisein von Schadstoffen) ein affixoides - noch genauer ein suffixoides - Kompositum. Die Unterschiede zwischen reihenbildenden affixoiden und nichtreihenbildenden Komposita lassen sich an folgenden Beispielen veranschaulichen: Affixoide (reihenbildende) Komposita sind: a) präfixoide: Star-dirigent, Problem-kind, Traum-frau, Schlüssel-erlebnis, Riesen-freude, sau-müde; suffixoide: Ehe-muffel,Geräusch-armut, Europa-müdigkeit, Lust-killer (etwas, was die Lust "killt"), Konflikt-freudigkeit, Impf-müdigkeit, trink-fest. Nichtreihenbildende Komposita: Problembewusstsein, Schlüsselbund, Saumagen, Kinderarmut, Mafiakiller (Killer von der Mafia). Es gibt Komposita, die auf Grund dieser beiden Wortbildungsmöglichkeiten zwei Bedeutungen haben: Traumarbeit: 1. In der Psychologie: Arbeit, die der Traum leistet, nämlich die Umformung und Aufarbeitung unbewusster libidinöser Wünsche; 2. (präfixoid) traumhaft schöne Arbeit. Bombenauto: 1. Auto, in dem eine Bombe versteckt ist; 2. (präfixoid) ein ganz tolles Auto. Scheißhaus: 1. derb für: Toilette, Abort; 2. (präfixoid) Haus, das in einem bestimmten Zusammenhang als ärgerlich empfunden wird, blödes Haus (wegen diesem Scheißhaus kann ich nicht in den Urlaub fahren, ich muss es noch immer abbezahlen).

Literatur: Lexicographica Series Maior 84: Wörterbücher in der Diskussion III; (1998) Hg. Herbert Ernst Wiegand. Darin: Wolfgang Müller: Wörterbücher der Zukunft oder. Terrae incognitae; S.212-222

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